Test Porsche Taycan 4 Cross Turismo Drei Zentimeter fürs Outdoor-Feeling

Porsche Taycan 4 Cross Turismo 2024 Foto: Porsche

Porsche erweitert seine Modellpalette mit dem Taycan Cross Turismo. Doch macht das leicht geländetaugliche E-Auto für über 94.000 Euro wirklich Sinn? Der Testbericht mit technischen Daten, Preisen und Bildergalerie.

Zu den wichtigsten Aufgaben eines Automobilunternehmens gehört es, potenzielle Kunden mit einem möglichst passgenauen Angebot vom Kauf zu überzeugen. Zu wahrer Meisterschaft hat es Porsche in Sachen Diversifizierung der Modellpalette gebracht; die Flotte an unterschiedlichen 911ern, Panameras oder auch elektrischen Taycans ist für einen Nicht-Fan kaum mehr zu überblicken. Nicht selten werden dabei auch Fragen beantwortet, die der Kunde eigentlich nie gestellt hat - was diesen dann aber wiederum nicht unbedingt vom Kauf abhält.

Elektriker mit Outdoor-Feeling

Ein solches Fahrzeug ist unser Testwagen, ein Taycan 4 Cross Turismo. Ja, wir haben uns nicht verschrieben: "Cross" nicht "Sport". Es gibt neben dem eigentlichen Taycan ja den optisch etwas dynamischeren, mit Kombi-Heck geschmückten Sport Turismo. Von diesem wiederum ist der Cross Turismo abgeleitet. Ein Versuch der Stuttgarter, dem Elektriker einen Hauch von Outdoor-Feeling und eine leichte Geländetauglichkeit mit auf den Weg zu geben. Wobei man sich natürlich fragen darf, welcher Besitzer eines solchen Fahrzeugs, der ja mindestens 95.042 Euro (alle Preise netto) für sein Gefährt ausgegeben hat, damit auch nur über Stöckchen und Steinchen fahren würde. Ganz abgesehen davon, dass unser Fahrzeug mit einigen Extras aus der sehr langen Preisliste auf stolze 141.287 Euro des Taycan bleibt erhalten

Schon 2018 hatte Porsche auf dem damals noch florierenden Genfer Salon eine Studie namens "Mission E Cross Turismo" vorgestellt, an dessen Optik sich das Serienmodell nun deutlich anlehnt. Die "Offroad"-Ingredienzien sind die üblichen: Es gibt speziell für das Modell entwickelte Unterteile für vorn und hinten sowie Seitenschweller und Radlaufblenden. Vor Steinschlag schützen (gegen Aufpreis) sogenannte Flaps an den Ecken der Stoßfänger vorn wie hinten. Das alles wirkt recht dezent, die Unterschiede zu einem Sport Turismo halten sich in Grenzen und man will den Kunden ja auch nicht mit allzu viel Gelände-Gehabe verschrecken. Anders gesagt: Die Anbauteile schaffen es nicht, die sportlich-harmonische Linie des Taycan (Sport) Turismo nachhaltig zu beeinträchtigen.

Porsche Taycan 4 Cross Turismo 2024 Foto: Porsche

Porsche bietet den Taycan auch als Cross Turismo an. Hier das Turbo-Modell.

Mit dem "Gravel Mode" 3 Zentimeter höher

Ein kleines Gimmick haben die Ingenieure für diese Variante aber dann noch in petto: Wenn es mit dem teuren Auto doch mal auf einen Schotterweg geht, oder der Weg verschlammt ist, hilft speziell beim Cross Turismo das zusätzliche Fahrprogramm "Gravel Mode" weiter, in dem das Fahrzeugniveau um 3 Zentimeter angehoben wird. Kann ja nicht schaden, sowas an Bord zu haben.

Im Innenraum ist dagegen alles Taycan. Ins Auge fällt vor allem die Instrumententafel, die sich praktisch über die gesamte Breite des Fahrzeugs zieht. Es gibt die üblichen Dinge wie das Kombiinstrument vor den Augen des Fahrers und das mit 10,9 Zoll wohltuend maßvolle Infotainment-Display, sowie, falls man sowas will, ein optional erhältliches Display für den Beifahrer – bei uns natürlich an Bord. Nebenher: Die Sitze sind, wie üblich bei Porsche, vorzüglich.

Der Cross Turismo hat zwei Elektromotoren mit zusammen 435 PS an Bord. Andere Varianten des Taycan haben da mehr zu bieten, etwa im Spitzenmodell Turbo GT mit Weissach-Paket, wo unglaubliche 1.108 PS und 1.340 Newtonmeter Drehmoment zumindest kurzfristig anliegen. Gibt es aber nicht für den Cross und außerdem fühlten wir uns mit der gebotenen Leistung zu keiner Zeit untermotorisiert.

Schnellader mit 800 Volt Spannung

Mit der kürzlich erfolgten Taycan-Überarbeitung wurde auch die Ladezeit nochmals verkürzt. Theoretisch sind jetzt bis zu 320 kW möglich, was am Schnellader dank 800 Volt Spannung eine Aufladung von 10 auf 80 Prozent in 18 Minuten ermöglichen würde. Diese Ladeleistung haben wir dauerhaft nicht erreicht, aber wir kamen beispielsweise an unserer Stamm-Tankstelle von 20 auf 80 Prozent in 21 Minuten. Die netto 97 kWh große Batterie soll Reichweiten von bis zu rund 600 Kilometern ermöglichen. Wir schafften im Alltag bei normaler Fahrweise 440 Kilometer.

Wie üblich gilt aber: Wer es schneller mag, der bezahlt dies mit galoppierender Schwindsucht seine Akku-Vorratsanzeige. Womit wir einmal mehr beim Problem von Elektroautos im Allgemeinen, vor allem aber im Besonderen von elektrischen Sportwagen wären. Denn ein Porsche ist ja darauf konzipiert, zügig gefahren zu werden. Und auch wenn Geld in den Fahrer-Kreisen häufig kein Thema sein dürfte, ärgert man sich schon, wenn nach 250 schnell gefahrenen Kilometern schon der nächste Schnelllader angefahren werden muss.

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Adaptive Luftfederung mit elektronischer Dämpfer-Regelung

Natürlich fehlt diesem wie allen sportlichen Elektroautos auch jenes Flair, mit dem ein bassig-grummelnder Verbrenner ein solches Premiumprodukt adelt. Das ist zwar kein spezielles Porsche-Problem, aber eines, dass die Stuttgarter besonders angeht. Schließlich lebt ein Porsche von Emotionen und hier tut sich der Taycan schwer, solche zu wecken.

Dabei fährt das Auto tadellos, schnell und leise sowieso, lässt sich aber auch trotz seiner fast 5 Meter Länge präzise und agil durch Kurven steuern. Zudem ist der Porsche äußerst komfortabel, kein Wunder, denn eine adaptive Luftfederung inklusive elektronischer Dämpfer-Regelung ist immer an Bord. Die Luftfederung senkt das Auto und damit die Stirnfläche bei höheren Geschwindigkeiten in zwei Stufen ab, zudem sind die Lufteinlässe an der Front automatisch regelbar. Das alles führt zu einer günstigen Aerodynamik und senkt den Energieverbrauch, der sonst (noch) höher ausfallen würde.

Spaß macht der Taycan also durchaus, auch als Cross Turismo. Wie immer bei Porsche kostet das Vergnügen nur leider viel Geld, sowohl das Modell selbst wie auch die Optionen, die entweder direkt auf der Preisliste angekreuzt oder später gekauft und Over-the-Air nachgeliefert. Wie sinnvoll eine sportliche Elektrolimousine in leichtem Outdoor-Anzug ist, wäre eine andere, vielleicht sogar die entscheidende Frage. Die aber kann nur vom Kunden beantwortet werden.

Fahrbericht Porsche Macan
Ziemlich viel neu

Porsche Taycan 4 Cross Turismo – Technische Daten

Fünftürige Sportlimousine der Oberklasse; Länge: 4,97 Meter, Breite: 1,97 Meter (mit Außenspiegeln: 2,14 Meter, Höhe: 1,41 Meter, Radstand: 2,90 Meter, Kofferraumvolumen: 446 – 1.212 Liter (hinten), 84 Liter (vorne)

2 Elektromotoren, 435 PS, maximales Drehmoment: 610 Nm, Allradantrieb, Luftfederung, 0-100 km/h: 4,7 s, Vmax: 220 km/h,

Akkukapazität: 105 kWh (netto: 97 kWh), Reichweite: 517-613 km, Normverbrauch: 19,9 kWh/100 Kilometer, Testverbrauch: 25,5 kWh/100 Kilometer, Ladezeit: AC / 0-100 % / 11/22 kW / 11 Stunden; DC / 10-80 % / 320 kW / 18 Minuten

Preis: ab 95.042 Euro; Testwagenpreis: 141287 Euro

Kurzcharakteristik

Warum: elektrischer Fahrspaß á la Porsche, Fahrwerk und Bremsen ohne Tadel, relativ viel Platz; Warum nicht: teuer in Anschaffung und Unterhalt, hoher Verbrauch; Was sonst: ein Taycan, ein Taycan Sport Turismo, ein Macan, ein…