Problem Bruttolistenpreis zu kalkulieren Mercedes streicht Preislisten

Mercedes-Stern, Preispolitik von Mercedes Foto: MikeBird_Pexels@viaCanva

Mercedes hat die Veröffentlichung von Preislisten eingestellt. Das führt zu Verwirrung und Mehraufwand bei Firmenkunden. Bruttolistenpreise sind unter anderem für Dienstwagenfahrer essenziell. Nun nimmt der Bundesverband Betriebliche Mobilität Stellung.

Preislisten gibt es bei Mercedes nur noch intern und für Datenlieferanten, der Kunde findet den Nettolistenpreis im Konfigurator beim jeweiligen Fahrzeug im Kleingedruckten. „Wir lieben kreative Ideen, aber bei Bilanzen und Preisen haben sie nichts zu suchen. Bruttolistenpreise sind in der Beschaffung und Konfiguration von Firmenfahrzeugen ein wichtiger Richtwert“, sagt Marc-Oliver Prinzing, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e.V. (BBM). Wer es Unternehmen erschwert oder unmöglich macht Preise zu vergleichen, verliert schnell an Akzeptanz.

Schwierige Preisrecherchen für Kunden

Zum Sachverhalt: Seit einiger Zeit liebäugeln Hersteller damit, auf die Publikation von Preislisten zu verzichten. Das bedeutet, dass die potenziellen Käufer möglicherweise Preiserhöhungen des Fahrzeugs selbst oder einzelner Extras nur mit viel Aufwand recherchieren können. „Ich sehe schon Dienstwagenberechtigte mit dem Taschenrechner vor dem Konfigurator sitzen und Bruttolistenpreise ausrechnen, um auf den Basiswert für den geldwerten Vorteil zu kommen. Es ist so, als ob man statt der Landkarte nur noch eine Liste der Orte ohne Koordinaten vorgelegt bekommt“, ärgert sich Prinzing. Künftig bliebe vieles unklar.

BMW und Mercedes in der Kritik

Nachdem BMW im letzten Jahr auf deutliche Kritik von Verbrauchern und dem ADAC auf der Homepage wieder Preislisten zur Verfügung stellt, hat Mercedes Anfang dieser Woche intern verkündet auf die Veröffentlichung von Preislisten gänzlich zu verzichten. Seit gestern wurde dies auch bereits auf der Mercedes-Homepage umgesetzt. Diverse Medien zitieren aus einem internen Papier der Mercedes Group von Vertriebs-Vorständin Britta Seeger: „…(Wir) haben uns entschieden, in Zukunft an unseren Online-Touchpoints (Konfiguratoren, Produkt-Websites, Store, etc.) ausschließlich den potenziellen Endkundenpreis (Transaktionspreis) anzuzeigen und auf den Ausweis einzelner Nachlasskomponenten sowie der Listenpreise zu verzichten, um die Preistransparenz weiter zu stärken“. Die wahre Absicht dürfte aber eine andere sein.

Überraschung bei Großkunden

Die angebliche Transparenz führt zu Verwirrung bei Dienstwagennutzern und Fuhrparkbetreibern, Preisentwicklungen sind schwerer nachvollziehbar. Auch wenn Mercedes-Vertriebspartner die Information über den Bruttolistenpreis an Gewerbekunden jederzeit weitergeben können, wird es komplizierter. Mercedes trifft zudem keine Aussage über die Häufigkeit von zukünftigen Preisänderungen. Der BBM hat Mitglieder mit großen Mercedes-Fuhrparks befragt, ob sie informiert worden seien. „Ergebnis: Es ist auch für Großkunden eine Überraschung. Eine gute Informationspolitik sieht anders aus!“, kritisiert der BBM-Vorsitzende.

Einführung des Agenturmodells

Als Erklärung wird mit der Einführung des Agenturmodells und den damit verbundenen Änderungen im Vertriebsmodell argumentiert. Es gäbe viele Vorteile für Kunden. „Sie erhalten mit dem Direktvertriebsmodell noch mehr Preistransparenz über alle Vertriebskanäle hinweg. Grundlage ist ab sofort ein zum jeweiligen Zeitpunkt in ganz Deutschland geltender Preis je Fahrzeugmodell, Kundengruppe, Ausstattung und Zahlungsart mittels zentraler Preisgestaltung. Aufwändige Preisvergleiche entfallen”, so Stephan Frehlandt, Pressesprecher für Mercedes-Benz Cars Vertrieb Deutschland. Die Preislisten würde es weiterhin für Datenlieferanten von herstellerunabhängigen Fahrzeugkonfiguratoren geben.

ADAC thematisiert fehlende Preislisten

Der ADAC thematisierte bereits 2023 ein Problem: „Fehlen Preis- und Ausstattungsliste, hat der Kunde keinen Beweis, was er zu welchem Zeitpunkt genau bestellt hat. Es sei denn, der Ausstattungsumfang von der Handschuhfach-Beleuchtung bis zur Ziernaht ist detailliert im Kaufvertrag aufgeführt.“

Kommentar zur Maßnahme

Die Maßnahme ist eine Vollbremsung für die Preistransparenz. Wenn es Absicht von Mercedes ist, das Firmenkundengeschäft zu schwächen, dann sind sie auf einem guten Weg. Firmenkunden, Mobilitäts- und Fuhrparkverantwortliche haben spezielle Anforderungen und Prioritäten. Aufwendige Vorrecherchen verschlechtern die Total-Cost-of-Ownership von Mercedes-Fahrzeugen. Unternehmen geht es um Budgetplanung und Kostenkontrolle, Transparenz und Vergleichbarkeit, um klare Verhandlungsgrundlagen, Ausstattungsoptionen und Sonderausstattungen, Restwertberechnung und Wiederverkaufswerte. Preislisten sind auch notwendig, um Finanzierungsangebote zu bewerten und die monatlichen Raten zu berechnen. Diese Aspekte müssen berücksichtigt werden, um effizienter und kosteneffektiver zu arbeiten, was letztendlich zur Verbesserung der Gesamtwirtschaftlichkeit des Fuhrparks beiträgt.

Forderungen an Hersteller: Entscheider in Unternehmen brauchen transparente und verlässliche Informationen. Schon die täglich mehrfachen Preissprünge an Tankstellen erschweren Mobilitätsverantwortlichen die Arbeit. Bei hochpreisigen Investitionsgütern wie Pkw, Transporter oder anderen Fahrzeugen ist das nicht tolerierbar mit Tages- oder Transaktionspreisen zu arbeiten! Sorgen Sie für verlässliche, vollumfängliche Preislisten.

Unsere Empfehlung an Fuhrparkbetreiber: Fordern Sie vor einer Bestellung verbindliche Preislisten aller relevanten Modellreihen an.