Mobilitätswende Jetzt auf den Zug aufspringen!

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Abhängig davon, wen man fragt, ist das Auto oft das liebste Kind oder gar die große ­Liebe. So viel Zuneigung ist mit Blick auf eine Mobilitätswende nicht gut, eher schädlich.

Zu jeder Tages- und Nachtzeit mobil zu sein, nimmt in der Bundesrepublik nach wie vor einen hohen Stellenwert ein. Im Jahr 2019 verfügten laut Statista 36,62 Millionen deutsche Haushalte über einen Pkw, gefolgt von 17,42 Millionen mit zwei Autos. 2,59 Millionen Haushalte gaben an, drei oder mehr Wagen zu besitzen. Doch geht es vielen Autobesitzern um mehr als Mobilität.

»Durch die Leidenschaften lebt der Mensch, durch die Vernunft existiert er bloß«, hat der französische ­Dramatiker Nicolas Chamfort im 18. Jahrhundert einmal gesagt. Die Augen leuchten – und dann setzt schon mal der Verstand aus. Die Beschäftigung mit dem Auto ist ein echtes Hobby. Die einen verlieben sich in ein Design, die anderen sind absolute Fans ihrer Lieblingsmarke. Vielleicht auch ein Grund, warum sich Elektrofahrzeuge jenseits des Tesla eher langsam entwickeln. Besonders muss es sein.Zweifelsohne kurbelt die Begeisterung den Automarkt an.

Allerdings müssen wir im Sinne der Umweltverträglichkeit einen Blick über den Tellerrand wagen. Denn Klimawandel, technologischer Fortschritt und die damit einhergehende Mobilitätswende können die emotionale Bindung an ein bestimmtes Fahrzeug und das starre Festhalten an dem Objekt der Begierde schnell zur Umweltsünde werden lassen. Auch ist das Auto als Statussymbol nicht mehr zeitgemäß.

Wer da nicht mit der Zeit geht, mutet der Natur und nachfolgenden Generationen unter Umständen einiges zu. Es ist nicht mehr angesagt, auf Gedeih und Verderb an der alten Liebe festzuhalten. Das 21. Jahrhundert steckt voller Möglichkeiten. Man muss nur offen dafür sein und sich immer wieder selbst fragen, ob die alternativen Antriebs- und Mobilitätskonzepte nicht auch zu den eigenen Bedürfnissen passen. Bewusstes Handeln beim Thema Mobilität erfordert eine weniger emotionale Bindung.

Ganz ohne Liebhaberei wird und soll es aber nicht gehen. Denn alles rund ums Auto funktioniert ja eben gerade mit Emotionalität. Allerdings werden wir lernen müssen, anders an die Sache ranzugehen. Man kann Autos ja weiter toll finden, sollte sich aber – besonders als für Mobilität verantwortliche Person eines Unternehmens – seiner Verantwortung bewusst sein. Dann könnte die Begeisterung auch etwas Gutes bewirken und den Wandel mitgestalten. Auch wenn es schwer wird. Denn ebenfalls im 18. Jahrhundert hat einer der Wegbereiter der Französischen Revolution, Jean-Jacques Rousseau, schon geschrieben: »Die Vernunft formt den Menschen, das Gefühl leitet ihn.«