Mautpflicht ab 3,5 Tonnen Ordentlich Mehreinnahmen für den Bund

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Ab dem 1. Juli gilt die Mautpflicht für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 t Gesamtgewicht. Wer von der Mautpflicht ausgenommen wurde und warum es besser ist, sich daranzuhalten.

Ab heute gilt die Mautpflicht auf Bundesstraßen und Autobahnen auch für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht. Nicht alle Fahrzeughalter haben eine Umstellung rechtzeitig geschafft. Einige Unternehmen wollen sogar klagen.

Vier Milliarden Euro Mehreinnahmen

Aus der im Herbst 2023 beschlossenen Ausdehnung der Mautpflicht auf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen erwartet sich der Bund in den Jahren 2024 bis 2027 Mehreinnahmen in Höhe von rund vier Milliarden Euro im gleichen Zeitraum. Davon sollen 1,83 Milliarden Euro auf die CO2-Differenzierung entfallen – wie bei Fahrzeugen über 7,5 Tonnen soll somit die Nutzung von Lkw mit alternativen Antrieben deutlich attraktiver gemacht werden.

Die Ausweitung mit Stichtag 1. Juli verlief nicht ganz wie geplant: Im Vorfeld hatten Mautbetreiber Toll Collect sowie das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) Unternehmen, deren Fahrzeuge erstmals mautpflichtig sind, schon mit Nachdruck aufgerufen, sich rechtzeitig zu registrieren, um eine On-Board-Unit (OBU) für die automatische Abbuchung zu beantragen. Das BALM musste Ende Mai aufgrund der geringen Anzahl von Registrierungen von Unternehmen und Fahrzeugen sogar einen erneuten Appell starten.

Inzwischen ist die Nachfrage bei den Registrierungen gestiegen, so das BALM auf Anfrage von trans aktuell. Und auch die Nachfrage nach OBUs steige auf niedrigem Niveau. „Das BALM erhält zudem vermehrt Anfragen zur Mautpflicht einzelner Fahrzeuge aus Branchen außerhalb des Transportgewerbes, deren Fahrzeuge ab 1. Juli erstmals mautpflichtig werden“.

Handwerkertransporte ausgenommen

Denn das Bundesfernstraßenmautgesetz sieht eine sogenannte Handwerkerausnahme vor, wonach Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, die von Handwerksbetrieben eingesetzt werden, unter bestimmten Voraussetzungen von der Mautpflicht befreit sind – Dachdecker, Raumausstatter oder Installateure etwa, die Material, Werkzeuge oder ihre handwerklich gefertigten Produkte transportieren. Sogar Bestatter sind ausgenommen. Das BALM hat dazu eine Liste auf seiner Webseite veröffentlicht. Auf der fehlen aber etwa die Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus, die damit erstmals für ihre Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen Maut zahlen müssen. Als Folge hat der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) eine Klagewelle der rund 20.000 betroffenen Unternehmen angekündigt und informiert seine Mitglieder über juristische Ansprechpartner für ein solches Vorgehen.

Das ist nicht das einzige Problem, denn im Vorfeld der Einführung machte die Runde, dass Werkstatttermine für den Einbau der OBUs knapp seien. Unternehmen konnten das Mautgerät und einen entsprechenden Termin über den Mautbetreiber Toll Collect, den Anbietern des European Electronic Toll Service (EETS-Anbieter) oder deren Vertriebspartnern vereinbaren. Denn nicht jede Werkstatt kann den Einbau übernehmen: Die Toll Collect-OBUs, sowohl für den DIN-Schacht als auch für die Windschutzscheibe, werden ausschließlich beim Servicepartner eingebaut – laut dem Mautbetreiber hat die Qualität des Einbaus entscheidenden Einfluss „auf die langfristig zuverlässige und wartungsarme Funktion der OBU“.

Keine Garantie für Einbautermine

Toll Collect teilt auf Anfrage von trans aktuell mit: „Die Verfügbarkeit von Einbauterminen für eine OBU kann derzeit lokal stark variieren. Nach unserer Kenntnis sind aber auch noch kurzfristig Kapazitäten bei unseren Servicepartnern verfügbar. Bei größeren Flotten und bei Neukunden von Servicepartnern kann es jedoch auch zu längeren Wartezeiten kommen.“ Übergangsweise könne die Maut statt per Fahrzeuggerät auch über die Toll-Collect-Website oder die App abgerechnet werden. Dies sei jedoch deutlich aufwendiger als mit einer OBU und erfordert, dass die Route jeder mautpflichtigen Fahrt im Voraus genau angegeben werde.

Neue Maut wird ohne Übergangsregelung geahndet

Wer übrigens auf Glück spielt und seine Maut nicht entrichtet, ist schlecht beraten: Laut BALM sei die Ausweitung der Mautpflicht auf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen umfangreich kommuniziert worden, sodass sich Mautpflichtige mit großem Vorlauf darauf vorbereiten konnten. Deswegen werde die Einhaltung der neuen Mautregelungen ohne Übergangsregelung überprüft. Mautpflichtverstößen mit neu mautpflichtigen Fahrzeuge werden mit einem Bußgeld geahndet – wird die Maut vorsätzlich nicht bezahlt, kann für den Fahrer ein Bußgeld von 240 Euro, für den Unternehmer 480 Euro drohen. Daneben wird die nicht gezahlte Maut nacherhoben.

Die Regelung

  • Das Bundesfernstraßenmautgesetz sieht eine fahrtbezogene Mautpflicht für Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse (tzGm) von mehr als 3,5 Tonnen vor.
  • Betroffen sind Fahrzeuge, die für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder dafür verwendet werden.
  • Fahrzeugkombinationen sind nur mautpflichtig, wenn die tzGm des Zugfahrzeugs über 3,5 Tonnen liegt.
  • Fahrzeuge, die von Handwerksbetrieben eingesetzt werden, sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Mautpflicht befreit: wenn das Fahrzeug von einer oder einem Mitarbeitenden des Handwerksbetriebs gefahren wird und Material, Ausrüstungen oder Maschinen transportiert, die zur Ausführung der Dienst- und Werkleistungen notwendig sind; oder wenn das Fahrzeug handwerklich gefertigte Güter transportiert, die im eigenen Handwerksbetrieb hergestellt, weiterverarbeitet oder repariert werden.
  • Die Liste aller Berufe, die die Voraussetzungen für die Handwerkerausnahme erfüllen, findet sich auf der Website des BALM.
  • Bei Mautkontrollen ist nachzuweisen, dass die Fahrt die Voraussetzungen für die Handwerkerausnahme erfüllt; Handwerksfahrzeuge können aber auch bei Toll Collect gemeldet werden, um eine Ausleitung bei Kontrollen zu vermeiden.