Kleine Kombis haben’s schwer. Als Lastesel wird ihnen nur wenig zugetraut und im Vergleich zu trendigen Mini-SUVs wirken sie altbacken. Der Renault Clio Grandtour beweist das Gegenteil: mit hohem Nutzwert hinter der großen Heckklappe und flotter Optik.
Oh là là, ma chérie, du hast dich aber in Schale geworfen. Renault scheint beim Clio Grandtour die passende Antwort auf die modischen Mini-SUVs gefunden zu haben. Die Franzosen haben dem kleinen Kombi ein richtig flottes Karosseriekleid geschneidert. Die moderne Frontansicht teilt er sich mit der Schrägheck-Limousine, ab der B-Säule wird’s dann richtig sportlich. Dafür sorgen die schmal nach hinten laufenden Seitenscheiben sowie die vertikal in den Kunststoff eingearbeiteten Fondtürgriffe. Und was für ein knackiges Heck. Fast so elegant wie ein Shooting Brake kommt er daher. Kein Vergleich zur lahmen Optik des Vorgängers – oder seiner Konkurrenten.
Konkurrenz aus dem eigenen Haus
Nachdem VW schon seit Jahren keinen Polo Variant mehr fertigt, sind lediglich dessen Konzerntöchter Skoda mit dem in die Jahre gekommenen Fabia Combi und Seat mit dem Ibiza ST im Rennen. Damit wir hier auch eine Dreierkombo zum Vergleich auffahren können, nehmen wir noch den Mini Clubman in die Runde mit auf.
Ernst zu nehmende Konkurrenz bekommt der Grandtour aber zunächst einmal intern. Denn auch bei Renault steht mit dem Captur seit Neuestem ein Mini-SUV im Programm. Der basiert ebenfalls auf dem Clio und liegt bei gleicher Motorisierung (TCe 90) preislich nur knapp über dem kleinen Kombi.
Und dann wäre da ja noch das 840 Euro günstigere Schrägheck, das den Verkaufszahlen nach deutlich vor dem Kombi liegt – zumindest auf dem Privatmarkt. Hier entscheiden sich neun von zehn für die Limousine. Bei Flotten ist das Verhältnis ausgeglichen, fast 50:50.
Mehr Kofferraum bei gleichem Radstand
Die Vorzüge des Grandtour für dienstliche Zwecke liegen auf der Hand. Er überragt den Modellbruder um ganze 20 Zentimeter. Das beschert ihm vor allem ein großzügiges Heckabteil, denn der Radstand ist gleich. Durch die flacher abfallende Dachlinie des kleinen Rucksacks profitieren aber auch die Fondpassagiere mit mehr Luft über
der Haarpracht.
Ein Abteil dahinter nimmt es der Grandtour mit stattlichen 443 Liter Gepäck auf. Nur der Fabia Combi (505 Liter) schafft mehr. Clio Limousine (300 Liter) und auch der Captur (377 Liter) müssen schon längst passen. Mit zusammengefalteter Rückbank (60:40) sind es gar 1.380 Liter, die der französische Familienkombi auf dem topfebenen Ladeboden ohne störende Auswölbungen der Radkästen ausbreitet. Unterm doppelten Ladeboden (85 Liter) verschwindet nochmals jede Menge Krimskrams wie die Kofferraumabdeckung.
Mehr Zuladung als der Fabia Combi
Der Clio nimmt es aber auch mit schwerem Gerät auf, schultert über 500 Kilo. Da schaut sogar der tschechische Familienkombi Fabia in die Röhre. Damit der kleine Grandtour mit der ganzen Last nicht in die Knie sackt, hat Renault das Fahrwerk dafür spürbar straffer ausgelegt. Recht unsanft stolziert der Clio über Gullideckel, gibt selbst kleinere Unebenheiten ungeniert an Passagiere weiter.
Dank der extrem niedrigen Ladekante lassen sich die schweren Gegenstände wenigstens mühelos in den Clio wuchten – und auch sperrige. Denn mit einem einfachen Handgriff legt der Franzose seinen Beifahrersitz flach und macht mit bis zu 2,43 Meter Ladelänge selbst den Biergarnituren für den Betriebsausflug Platz.
Einstiegsdiesel mit Sparprogramm
Dafür muss der Chef dann aber schon tiefer in die Tasche greifen. Den Klappsitz gibt es – wie vieles mehr – erst ab der mittleren Ausstattungsvariante Dynamique und somit dieselseitig auch nur mit dem stärkeren Selbstzünder dCi 90 (16.050 Euro) unter der schicken Haube. Der kleine Diesel mit 75 PS (13.361 Euro) ist ausschließlich in der Basislinie Expression zu haben – und kaum mit weiteren Extras erweiterbar. Bei den beiden Benzinern (75 und 90 PS) lässt Renault seine Kunden hingegen frei wählen. Für unsere Dieselfreunde stellt sich hier also in doppelter Hinsicht die Grundsatzfrage: Einstiegsdiesel mit Sparprogramm oder darf’s für knapp 3.000 Euro auch von beidem ein bisschen mehr sein?
In Sachen Antrieb fällt die Antwort klar mit Ja aus. Denn die leistungsstärkere Variante des 1,5-Liter-Aggregats erweist sich als perfekter Partner für den kleinen Kombi. Kultiviert und äußerst laufruhig nimmt der Turbodiesel seine Arbeit auf, hat mit dem lediglich 1,2 Tonnen schweren Kombizwerg leichtes Spiel und schiebt in jedem Tourenbereich tüchtig an. Die 75-PS-Version hängt er beim Sprint auf Tempo 100 sogar mit fast drei Sekunden Vorsprung ab. Und das, obwohl er laut Hersteller mit 3,5 Liter noch einen Tick weniger verbraucht.
Getriebe mit Rückfahrschwäche
Den Durst zügelt ein Start-Stopp-System, das den dCi 90 an Ampelphasen in den Schlummermodus versetzt. So sanft und leise, dass man das kleine Nickerchen des Clio-Triebwerks gar nicht bemerkt. Schade nur, dass der Clio lediglich mit einer Fünfgangbox zu haben ist. Bis auf den hakeligen Rückwärtsgang – der bringt einen manchmal zur Weißglut – flutschen die Gänge reibungslos durch die Gassen. Auf der Autobahn drückt der lang übersetzte Fünfte die Drehzahlen, auch bei 130 km/h bleibt der Zeiger stur bei 2.000 Touren kleben. So durchläuft der Franzose unsere Normrunde mit respektablen 5,2 Litern auf 100 Kilometer.
Der PS-Aufschlag alleine ist den Aufpreis aber noch nicht wert. Und die Ausstattung? In der Basisversion bringt der Grandtour auch wirklich nur Basics mit, die in der Dienstwagenwelt schon Pflicht sind – wie elektrische Fensterheber oder Tempomat. Das farblose Cockpit kann den flotten Eindruck vom Außendesign nicht wirklich widerspiegeln.
Edler Klavierlack und softe Oberflächen
Da steht der Clio Grandtour in den beiden höheren Ausstattungslinien Dynamique und Luxe schon wesentlich vornehmer da. Zahlreiche Details im Interieur zeigt der Clio dann in feinem schwarzem Klavierlack oder peppigen Farben. Das Armaturenbrett fühlt sich spürbar softer und hochwertiger an. Zu weich geraten sind dafür die Sitze, die wie die Mittelarmlehne auch noch mit Auflagefläche geizen.
Top: Das Multimediasystem Media-Nav ist ab Dynamique Serie. Es vereint Freisprechanlage, Radio und Navigation in einem Sieben-Zoll-Touchscreen, der wie ein Tablet-PC in der Mitte des Armaturenbretts schwebt. Das Navi dirigiert zwar zielstrebig, die verwirrende Menüführung wirft hingegen Orientierungsfragen anderer Art auf.
50 Apps im eigenen App-Store
Mit etwas Spielraum beim Budget können Flottenmanager das Online-Mediasystem R-Link (495 Euro) zubuchen. Im Renault-eigenen App-Store stehen bis zu 50 Programme zum Download bereit. Neben telefonieren und navigieren kann der Clio dann auch noch mailen, twittern und das Wetter vorhersagen.
Noch kurz zum Fazit vor dem nächsten Wetterumschwung: Pflegedienste und Co. stehen mit dem preisgünstigen Clio-Sparpaket (75-PS-Diesel und Basislinie) schon auf der Sonnenseite. Richtig heiß wird’s dann mit dem dCi 90 und Dynamique-Ausstattung – egal für welche Flotte.
Die Varianten des Renault Clio Grandtour dCi 90
Für Flotten im Kurzstreckeneinsatz sind auch die Benziner zu empfehlen. Vor allem der Dreizylinder mit 90 PS ist eine ernsthafte Alternative zu den Dieseln. Wer es ein bisschen flotter und komfortabler mag, kann auch beim Grandtour auf den 120 PS starken 1,2-Liter-Turbo-Benziner mit Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe ausweichen. Der liegt dafür im Grundpreis deutlich höher.
Die komplette Motorenpalette des Clio-Schrägheck hat der Grandtour leider nicht im Angebot. Fuhrparkleiter werden das mit Bedauern feststellen. Denn weder die Eco-Drive-Variante des dCi 90 mit lediglich 83 Gramm CO2-Ausstoß noch der Benziner TCe 90 mit 99 Gramm sind für den Kombi wählbar.
Wer es richtig krachen lassen will, kommt im Clio R.S. auf seine Kosten. Der Turbobenziner mit 1,6 Liter Hubraum und 200 PS beschleunigt den kleinen Franzosen in 6,7 Sekunden auf Tempo 100, kostet aber auch über 20.000 Euro.