Fahrbericht Volvo EX90 Neuer Maßstab im Premium-Segment?

Volvo EX90 2024 Foto: Volvo 6 Bilder

Größer, edler und rein elektrisch: Volvo krönt seine E-Autopalette mit einem kraftvollen Crossover. Alles über die Ausstattung, Fahrdynamik, Reichweite und Preise des neuen Volvo EX90.

Volvos großes SUV entwächst endgültig dem Familie-Shuttle-Segment und wird als EX90 zur hochgelegten Premium-Limousine mit herausragendem Fahr- und Geräuschkomfort. In anderer Hinsicht erreicht der designierte Nachfolger des XC90 trotz seines Preises von mindestens 70.336 Euro (alle Preise netto) jedoch kein Top-Niveau.

Design und Dimensionen des Volvo EX90

Was man dem 5,04 Meter langen Schweden aus US-Produktion nicht ansieht: Dass er knapp anderthalb Jahre später als geplant auf den Markt kommt. Nicht, weil Feinschliff am kühl-eleganten skandinavischen Design nötig gewesen wäre, sondern weil wie auch bei anderen europäischen Herstellern die Softwareentwicklung für Verzögerungen sorgte. Gegenüber dem weiterhin erhältlichen XC90 ist der EX90 zwar noch einmal um gut 5 Zentimeter gewachsen, weil er gleichzeitig flacher geworden ist und auch im Vergleich zu vielen aktuellen Wettbewerbern nicht allzu breit ausfällt, wirkt er für seine Größe trotzdem vergleichsweise schlank.

Volvo EX90 2024 Foto: Volvo

In Reihe zwei geht es sehr luftig zu.

Viel Platz für Passagiere und Gepäck im EX90

Im klar gestalteten, luftigen Innenraum geht es trotzdem geräumig zu, wobei die dritte Sitzreihe nur für Kurzstrecken taugt. Auch, weil Volvo bei der Raumverteilung die Priorität auf das Gepäckabteil gelegt hat. Selbst bei voller Bestuhlung stehen noch mehr als 300 Liter gut nutzbares Stauvolumen zur Verfügung – das schaffen selbst manche Kleinbusse nicht. Wer maximal zu fünft fährt, hat hinter den Passagieren noch mal mehr als das doppelte an Platz zur Verfügung. Sind nur die beiden vorderen Sitze belegt, fasst der Crossover fast zwei Kubikmeter Ladung.

Hochwertige Ausstattung und innovative Technologie

Ausgekleidet ist der großzügige Innenraum wahlweise mit Stoffen oder Kunstleder, beides in sehr hochwertiger Ausführung, was Optik und Haptik angeht. Einen feinen Eindruck macht auch der große Infotainment-Bildschirm mit sehr hoher Auflösung und schnellem Grafik-Prozessor. Bespielt wird er von einem Infotainmentsystem auf Android-Basis, das bei der Bedienbarkeit gegenüber dem XC90 noch einmal einen großen Schritt macht. Allerdings sind zahlreiche bislang auf Knöpfen und Schaltern verorteten Bedienfunktionen in die Touchscreen-Menüs gewandert, darunter neben der Außenspiegel-Verstellung auch die detaillierteren Klimaanlagen-Einstellungen. Wer seine Wohlfühl-Konfiguration gefunden hat, kommt damit zurecht, Einsteiger müssen lange suchen.

Volvo EX90 2024 Foto: Volvo

Das Cockpit ist reduziert, aber sehr edel ausstaffiert.

Volvo EX90: Luftfederung und Dämmung

Keine Diskussionen lässt Volvo beim Fahren zu. Zumindest gilt das für die zur Testfahrt auf US-Straßen bereitstehende Top-Antriebe (ab 77.059 Euro, Ausstattung "Core"), deren optionale Zweikammer-Luftfederung Straßenunebenheiten souverän absorbiert und die Karosserie auch in schnelleren Kurven stabil hält, den Gesamtpreis aber direkt auf knapp 83.190 Euro hochschraubt. In Verbindung mit dem per se leisen Elektromotor und dem optionalen Dämmungspaket entkoppelt der große Schwede seinen Fahrer komplett von den Unbilden des Verkehrs und Straßenbaus. Auf dem Highway und über kurvige Canyons lässt sich so gleichermaßen flott wie entspannt reisen, beim Rangieren im kalifornischen Stadtverkehr wirkt der EX90 auch ohne Hinterachslenkung, aber mit umfassender Kamera-Assistenz, ausreichend handlich. Ob das in Europa auch gilt, muss sich zeigen. Ebenso, wie nah die Basisvarianten mit Stahlfahrwerk und ohne Dämmungs-Exzess dem Komfortniveau des Top-Modells kommen.

Antriebsvarianten und Reichweiten des Volvo EX90

Die bis zu 517 PS der Top-Variante "Twin Motor Performance AWD" (ab 81.345 Euro) sind reiner Luxus. Und selbst die 400 PS im Modell "Twin Motor AWD" dürften in den meisten Alltagssituationen kaum ausgelastet sein. Die Spurtzeit liegt bei knapp 5 beziehungsweise 6 Sekunden, maximal sind Volvo-typisch 180 km/h möglich. Alternativ ist eine Ausführung mit 279 PS und reinem Frontantrieb zu haben, die Tempo 100 nach 8,4 Sekunden erreicht. Letztere muss mit einer 101 kWh großen Batterie auskommen, die nach Norm für 580 Kilometer reicht, die Doppelmotormodelle haben einen 107-KWh-Akku, der für bis zu 614 Kilometer gut sein soll. Auf ein 800-Volt-System verzichtet Volvo, obwohl bei Konzernmutter Geely verfügbar ist und bei neueren Modellen seit kurzem eingesetzt wird. Hier schlägt möglicherweise die Entwicklungs-Verzögerung durch. Immerhin reizt der EX90 das Potenzial der 400-Volt-Technik aus und kommt zumindest in der Spitze auf 250 kW Ladeleistung. Die Standard-DC-Ladung von 10 auf 80 Prozent dauert so gut eine halbe Stunde. Am AC-Lader begnügt sich der Volvo mit 11 kW statt der bei einigen Konkurrenten verfügbaren 22 kW.

Volvo EX90 2024 Foto: Volvo

Das Elektro-Flaggschiff wird parallel zum XC90 verkauft.

Assistenzsysteme und autonome Fahrfunktionen

Bei Assistenzsystemen und Elektronikhelfern hingegen setzt sich das Flaggschiff der Marke wie gewohnt in die Spitzengruppe der Branche. Zwischen den üblichen Posten sei unter anderen die Lidar-Sensoreinheit auf dem Dach hervorgehoben, die künftig nach einem Software-Update auch hochautonome Fahrfunktionen bieten könnte. Wann es in Deutschland so weit ist, sagen die Schweden aber noch nicht. Bis dahin dient der Laserscanner zur Unterstützung der konventionellen Verkehrsüberwachungstechnik.

Fazit zum Volvo EX90

Bis auf die nicht herausragende Ladetechnik löst der EX90 das Flaggschiff-Versprechen der Marke locker ein und muss sich auch vor der deutschen Konkurrenz nicht verstecken. Vor allem Fahr- und Geräuschkomfort überzeugen. Wer Technik und Ambiente voll auskosten will, erreicht aber schnell sechsstellige Preisregionen. Beim XC90, der bis auf weiteres mit Plug-in-Hybrid im Programm bleibt, müsste man dafür bei jeder einzelnen Option ein Kreuzchen machen. Einen reinen E-Antrieb bekommt man dort aber nicht.

Mercedes EQE 350 im Test
Stark, leise, bequem - und teuer
BMW iX
Elektro-Konkurrent für den X5

Technische Daten – Volvo EX90

Fünftüriger, fünf-, sechs- oder siebensitziger Crossover; Länge: 5,04 Meter, Breite: 1,96 Meter (mit Außenspiegeln 2,11 Meter), Höhe: 1,74 Meter, Radstand: 2,99 Meter, Kofferraumvolumen: 324 (7 Sitzplätze), 669 (5 Sitzplätze) - 1.955 Liter, Anhängelast: 1.200 kg (FWD), 2.200 (AWD)

Single Motor:Ein PSM-E-Motor: vorne 279 PS, maximales Drehmoment: 490 Nm, Frontantrieb, Eingang-Automatik, 0-100 km/h in 8,4 Sek., Vmax: 180 km/h, Batteriekapazität: 101 kWh netto, Reichweite: 580 Kilometer, max. DC-Ladeleistung: 235 kW, max. AC-Ladeleistung: 11 kW, Normverbrauch: 19,9 kWh/100 km, Preis: ab 70.336 Euro.

Twin Motor AWD:Zwei PSM-E-Motoren: vorne 235 PS, maximales Drehmoment: 420 Nm hinten 173 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm, Allradantrieb, Eingang-Automatik, 0-100 km/h in 5,9 Sek., Vmax: 180 km/h, Batteriekapazität: 107 kWh netto, Reichweite: 570 - 614 Kilometer, max. DC-Ladeleistung: 250 kW, max. AC-Ladeleistung: 11 kW, Normverbrauch: 20,8 - 22 kWh/100 km, Preis: ab 77.059 Euro.

Twin Motor Performance AWD:Zwei PSM-E-Motoren: vorne 245 PS, maximales Drehmoment: 420 Nm hinten 272 PS, maximales Drehmoment: 490 Nm, Allradantrieb, Eingang-Automatik, 0-100 km/h in 4,9 Sek., Vmax: 180 km/h, Batteriekapazität: 107 kWh netto, Reichweite: 570 - 614 Kilometer, max. DC-Ladeleistung: 250 kW, max. AC-Ladeleistung: 11 kW, Normverbrauch: 20,8 - 22 kWh/100 km, Preis: ab 81.345 Euro.

Kurzcharakteristik

Warum: hoher Fahr- und Geräuschkomfort, starke Fahrleistungen bei den AWD-Varianten; Warum nicht: für diese Klasse perspektivisch mäßige Ladeleistung; Was sonst: Tesla Model X, Mercedes EQE SUV, BMW iX