Mit einem SUV als Firmenwagen will niemand ins schwere Gelände ausrücken. Doch BMW X2, Mercedes GLA und Volvo XC40 erweitern die Möglichkeiten des Alltags mit stilsicherer Verwegenheit. Ein Vergleichstest.
Es sind schwere Zeiten für Bredouillen, Unwägbarkeiten und Eventualitäten. Wie bei dem schon lange verfemten Paar der Risiken und Nebenwirkungen geht es derzeit vor allem darum, sie auszuschließen. Staus werden umfahren, Geschäftstermine ohne Ortskenntnis per Navi zum minutenexakt vorhergerechneten Zeitpunkt erreicht. Und seit so viele Firmenwagen als allradgetriebene SUV über geteerte Straßen fahren, selbst bei Schnee und Eis nicht stecken bleiben, darf sich schon eine Dienstreise mit der Deutschen Bahn zu den großen unvorhersehbaren Mobilitätswagnissen unserer Tage zählen.
Ach, Psychologen werden das als These lieben: SUV-Boom aus Angst vor der Gefahr. Und selbst wenn ein Flottenmanager jammernd die Car-Policy zückt: Der SUV ist längst im Fuhrpark angekommen. Autos wie BMW X2, Mercedes GLA und Volvo XC40 erweitern die Möglichkeiten der schönen Seiten des Lebens. Hier treten sie zum Vergleichstest an. Alle mit Diesel, Allrad, Automatik – aber nicht ohne Risiko: Nur einer wird gewinnen.
BMW X2: der Dynamiker für den kompromisslosen Außendienstmitarbeiter
Will sich keine Nische auftun, schieb in deinem Programm herum. Nein, das war nicht das Motto von BMWs früherem Vertriebschef Paul Hahnemann, Spitzname Nischen-Paule. Hätte es aber sein können. Jedenfalls ergab sich tatsächlich eine Nische im Modellprogramm, seit der X1 seine Prioritäten verschob und sich als geräumiger, variabler SUV mit den alltagstalentiertesten Kompakt-SUV anlegt.
Bei gleichem Radstand ist der X2 7,9 Zentimeter kürzer und 7,2 niedriger als der X1. So fällt bei ihm die Raumfülle, nun, weniger füllig aus. Wobei er vier Erwachsene ungedrängt unterbringt. Auf der gut ausgeformten, dreiteilig klappbaren Rückbank reist es sich wegen kleiner Fensterflächen etwas duster und weniger variabel, weil sich die Bank nicht verschieben lässt. An Laderaum mangelt es aber nicht, mit 470 bis 1.355 Litern packt der X2 hier am meisten. Vorn integriert der X2 Pilot und Co so innig, wie man sich das von einem BMW erwartet. Dazu haben sie den X2 bekannt clever eingerichtet. Für die Assistenzsysteme gibt es den Zentralschalter. Trotz der Funktionsfülle organisiert das iDrive die Bedienung hier am besten. Nicht so am besten ist die Materialgüte. Der X2 spielt in der 40.000-Euro-Ecke, da sollten Oberflächen und Abdeckungen hochwertiger und solider ausfallen.
Auffallen gelingt ihm nicht nur farblich und stilistisch mit der breiten, emblemgeschmückten C-Säule, sondern erst recht beim Fahren. Der Zweiliter-Turbodiesel (SCR plus Speicherkat) selbstzündet auf Tastendruck los. Im Gegensatz zu den anderen hat der 20d nur einen Turbolader. Doch sichert Twin-Scroll-Technik, also je ein Strömungskanal für zwei Zylinder, ungestörte Gaslaufwege und eifriges Ansprechen. So zieht das Triebwerk aus niedrigen Drehzahlen homogen, kräftig und kultiviert voran. Auf die frühe Drehmomentwucht ist die Aisin-Automatik bestens eingestimmt. Sie sortiert ihre acht Stufen eilig, schaltet, wenn es Grund zum Schalten gibt, lässt den Motor drücken, wenn er drücken kann, und drehen, wenn er drehen muss.
Ja, es geht in jeder Hinsicht eilig voran. Auf das dynamische Temperament haben sie bei BMW das Fahrwerk abgestimmt, noch sportlicher als beim X1, sagen sie. Es ist vor allem entschiedener. Also entschiedener hart. Mit optionalen Verstelldämpfern wirkt er im Comfort-Modus nicht so hibbelig wie der X1. Doch geschmust wird nicht: Über kurze, tiefe Unebenheiten und Querfugen rempelt er harsch, rollt herb ab. Das muss man wissen, wenn man damit täglich zighundert Kilometer abspulen will.
Beim Handling fördert der X2 seine Agilität mit der scharf ansprechenden, präzisen, auf der Autobahn nervösen Lenkung. Sie führt ihn exakt und rückmeldungsintensiv um Kurven. Auf Lastwechsel drängt das Heck munter mit, wegen des niedrigeren Schwerpunkts zarter als beim X1. Bei dem verschreckt das, beim X2 vergnügt es. Wie überhaupt der ganze X2. Ja, er ist so teuer, dass man ihn sich nicht mal mit günstigen Kraftstoffkosten (7,0 l/100 km) schönrechnen kann. Er ist nicht so allroundtalentiert wie der X1, aber vielleicht gerade deswegen der echtere BMW. Weil er sich traut, etwas zu riskieren
Mercedes GLA: komfortabel und dynamisch, wie man die Firmenwagen aus Stuttgart kennt
Volles Risiko, aber bitte im Rahmen sorgsamer Gefahrenabwägung. Das prägt das Wesen des Hauses Mercedes-Benz, wo man sich Trends lieber erst anschließt, wenn sie eine gewisse Tradition aufweisen. Bei den kompakten SUV zählte Mercedes aber zu den frühen Form- und Handlingsdynamikern. Beides übernahm der GLA ja fast komplett von der A-Klasse. Dadurch wird er im Karosseriekapitel in die Enge getrieben. Hinten der kleine Kofferraum, davor der schummrige Fond, 5,5 cm schmaler, aber immerhin 3,5 cm höher als im X2. Keine sehr aussichtsreichen Plätze auf der steillehnigen GLA-Rückbank. Auch wegen integrierter Kopfstützen, die den Blick nach vorn versperren und welche die Köpfe von Fahrer und Beifahrer nach vorn drücken. Nicht mehr so weit vorn ist der GLA bei der Bedienung. Per Direktwahltasten und einem Dreh-Drücker gilt es, sich durch verschachtelte Menüs zu infotainen. Die umfangreiche Assistenzeinrichtung wird über kleine Lenkradtasten reguliert.
Aber das Fahren, oh, das hat der GLA noch immer drauf. Er fährt, ja, einfach geschmeidig und kommt dabei ohne die Nervosität und Härte des BMW aus. Der X2 animiert mehr, aber eben auch dann, wenn man nicht animiert werden mag. Auf der Autobahn wirkt seine hibbelige Agilität quengelig. Der GLA steckt mit Verstelldämpfern selbst schwere Unebenheiten sorgsam weg. Seine Dynamik drängt sich nie auf, schwingt immer mit. In der fein austarierten Lenkung und dem harmonischen, sehr sicheren Fahrwerks-Set-up, mit dem der Mercedes lange neutral um Biegungen kurvt, erst spät in mildes Untersteuern schubbert. Bei den Fahrdynamiktests ist der GLA schnell wie der X2, aber ohne Lastwechselsperenzchen. Perfekt also für den komfortverwöhnten Vielfahrer. Allerdings schwächelt der Mercedes bei der Bremswertung, verliert zwölf Punkte auf den BMW.
Voran geht es dafür vehement, doch mit dem alten OM-651-Diesel nicht so abgasrein (Euro 6b; Euro 6d-Temp in Vorbereitung) und kultiviert. Für erlesene Manieren war der 2,2-Liter-Biturbo nie bekannt. Das fiele wie die zögerliche Leistungsentfaltung nicht so auf, harmonierten Motor und Doppelkupplungsbox besser. Doch das Getriebe wählt seine sieben Gänge beschaulich, gerät unversehens in Hektik, wenn es eiliger vorangehen soll. Dann lässt es den Diesel hochdrehen, der besser kraftvoll von unten drücken könnte. Schadet immerhin der Effizienz nicht: Mit 6,9 l/100 km liegt der 220 d am günstigsten. Wie beim Preis – da riskiert Mercedes glatt eine Tradition.
Volvo XC40: ein Volvo durch und durch. Damit kann man bei jedem Kunden vorfahren
Traditionen bewahren bedeutet auch, zu akzeptieren, dass die Form mitunter schwanken mag. Die Klasse aber muss bleiben. Derzeit ist Volvo in Hochform und in den Premium-Fuhrparks fast aller Unternehmen gesetzt, baut erstklassige Modelle, die selbst die schwedenstählernsten Traditionalisten begeistern. Als erstes Modell der neuen Quermotor-Plattform trägt der XC40 den aktuellen Stil der Marke in die Kompaktklasse. Der kantige Volvo schafft auf 4,43 Metern Länge ein mittelklassiges Raumangebot. Sein Kofferraum packt 460 bis 1.336 Liter, lässt sich mit dem variablen Ladeboden in Höhe und Tiefe unterteilen. Nur hier klappen die Lehnenteile zu einer wirklich ebenen Ebene. Auch mit dem bequemen Einstieg, der erhabenen Sitzposition sowie üppigen Ablagen zeigt der XC40 hohen Alltagsnutzen.
Details wie der Parkscheinhalter oder die Schwedenflagge an der Motorhaube schaffen folkloristische Verbindung zu den 60er/90er-Modellen, von denen der XC40 Antrieb, Infotainment und Assistenzsysteme übernimmt.
Also kommt der Volvo mit dem kompletten Arsenal an Sicherheitselementen, kann optional teilautonom auf der Autobahn fahren und beim Notbremsen selbst zwischen Rotwild, Kängurus und Elchen unterscheiden. Die Systeme lassen sich über den Hochkant-Touchscreen steuern – oder eben nicht. Denn die Gefahr, von der Straße abzukommen, ist nie höher als in dem Moment, in dem man die Taste für den Spurhalteassistenten sucht. Doch das reduzierte Ambiente zählt eben zu den charakterbildenden Elementen des Wagens. Allerdings möbliert Volvo den XC40 mit mehr Kunststoff und einfacheren Materialien als die größeren Modelle.
Als D4 in Momentum-Ausstattung kommt der XC40 mit Standardfahrwerk und kann weder bei Komfort noch beim Handling überzeugen. So spricht er auf Unebenheiten noch immer harsch an, rempelt über kurze Wellen und schwingt lange nach. Dass er insgesamt ein klein wenig sorgsamer federt, steht noch stärkeren Wankbewegungen als mit Sportfahrwerk gegenüber. So knickt der XC40 in Biegungen mit den kurvenäußeren Rädern tief ein. Er untersteuert früh, auch weil der Allradantrieb die Kraft erst spät nach hinten leitet, und wird vom ESP rigide gebremst.
Inzwischen bietet Volvo den XC40 mit Adaptivdämpfern an, der Testwagen hat sie noch nicht. Daher variieren seine Fahrmodi nur die Kennlinien für Automatik, Motor und Lenkung. Ohne große Auswirkung. So fehlt es der Lenkung in jeder Kennlinie an Rückmeldung und Präzision, die Aisin-Automatik wandlert lustlos durch ihre acht Stufen, unterbrochen von unvorhersehbaren Phasen der Rastlosigkeit, in der sie viel hin- und her- statt einmal richtig schaltet. Sie hemmt auch das Temperament des Turbodiesels. Zu dessen hervorragenden Eigenschaften zählen weniger Drehfreude und Leistungswilligkeit, wohl aber die Abgaszertifizierung nach Euro 6d-Temp. Er entfaltet seine Kraft besonnener als die Rivalen und verbraucht mehr (7,8 l/100 km) – das liegt am WLTP-Zyklus, aber auch an den zwei, drei Zentnern Mehrgewicht, die der XC40 im Vergleich mit sich herumzerrt.
Den Sieg erringt der Volvo so nicht mehr, trotz des guten Abschneidens im Kapitel Betriebskosten. Den sichert sich der X2 locker. Ein Allroundtalent wie er bringt wohl selbst die Bredouille in die Bredouille.